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4 August 2025
Author: linuspimat

Vermächtnis zugunsten behandelnden Arztes – BGH schafft Klarheit

Die Abfassung eines Testaments ist oft mit vielen Unsicherheiten verbunden. Besonders sensibel sind Verfügungen zugunsten von Personen, die in engem Kontakt mit der Erblasserin oder dem Erblasser standen – etwa Ärztinnen und Ärzte. Denn § 14 der Berufsordnungen der Ärztekammern verbietet es Ärztinnen und Ärzten, von Patient:innen Zuwendungen zu fordern oder sich versprechen zu lassen. Doch gilt das auch für ein Vermächtnis im Testament?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu am 2. Juli 2025 (Az. IV ZR 93/24) ein wegweisendes Urteil gefällt: Ein Vermächtnis zugunsten eines behandelnden Arztes ist nicht automatisch unwirksam.


Hintergrund des Falls

Ein Patient hatte seinem langjährigen Hausarzt in einem Testament ein Vermächtnis zugesprochen. Nach dem Tod des Erblassers stritten die Erben darüber, ob diese Verfügung überhaupt wirksam sei. Die Argumentation: Das Berufsrecht verbietet es Ärzten, Geschenke oder Vorteile von Patienten im Zusammenhang mit der Behandlung anzunehmen – also müsse auch das Testament nichtig sein.


Die Entscheidung des BGH

Der BGH stellte klar:

  • Kein automatischer Verstoß: Ein Vermächtnis zugunsten des behandelnden Arztes ist nicht per se unwirksam.
  • Abwägung im Einzelfall: Entscheidend ist, ob die Zuwendung als unangemessener Vorteil im Sinne der ärztlichen Berufsordnung zu bewerten ist.
  • Sittenwidrigkeit: Nur wenn der Verdacht besteht, dass das Vermächtnis auf einer unsachlichen Einflussnahme oder einem Missbrauch des Arzt-Patienten-Verhältnisses beruht, kommt eine Unwirksamkeit nach § 138 BGB in Betracht.

Damit stärkt der BGH die Testierfreiheit der Erblasser:innen – eine der zentralen Säulen des deutschen Erbrechts.


Praktische Auswirkungen

Für Erblasser:innen

  • Sie können ihren behandelnden Arzt grundsätzlich bedenken, etwa als Dank für jahrelange Betreuung.
  • Wichtig ist, das Vermächtnis klar zu begründen, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen.

Für Ärzt:innen

  • Auch wenn das Urteil die Tür öffnet: Vorsicht bleibt geboten. Ein zu hoher oder „auffälliger“ Vermögensvorteil kann weiterhin als unzulässige Einflussnahme und damit als sittenwidrig gewertet werden.

Für Erb:innen

  • Ein Vermächtnis an den Arzt kann angefochten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine unangemessene Beeinflussung des Erblassers vorliegen.
  • Allein der Status als behandelnder Arzt reicht dafür jedoch nicht mehr aus.

Fazit

Mit dem Urteil vom Juli 2025 hat der BGH die Grenzen klarer gezogen: Ein Vermächtnis an den behandelnden Arzt bleibt möglich, solange es nicht auf einer unzulässigen Einflussnahme beruht. Damit wird die Testierfreiheit gestärkt, gleichzeitig bleibt aber die Missbrauchskontrolle erhalten.

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