Start-up Gründung vom Sofa aus!

23. Februar 2021

Start-up Gründung vom Sofa aus!

Für Start-ups und sonstige Unternehmungen ist der Notar zwingend: Wer eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Unternehmergesellschaft oder eine andere Kapitalgesellschaft gründen will, muss persönlich vor einem Notar erscheinen. Damit könnte bald Schluss sein: Das Bundeskabinett hat am vergangenen Mittwoch einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) verabschiedet. Wird er Gesetz, können Gründer künftig eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in vollständig elektronischer Form errichten – und zwar ohne dass die Beteiligten persönlich bei einer hoheitlichen Stelle vorstellig werden müssen.

Das bedeutet, Unternehmen und Bürger werden voraussichtlich ab 1. August 2022 die Möglichkeit erhalten, bequem vom eigenen Schreibtisch – oder vom eigenen Sofa – aus unter Einhaltung hoher Sicherheitsstandards ein Unternehmen zu gründen. Die Eintragung in das Handelsregister soll innerhalb von zehn Tagen erfolgen. Verwenden die Gründer das vorgesehene Musterprotokoll, soll es mit fünf Tagen noch schneller gehen. Zudem können künftig alle zur Online-Gründung erforderlichen Dokumente in elektronischer Form übermittelt werden. Gleiches gilt für im Zuge der Gründung zu leistende Einlagen auf das Stammkapital.

Der Gesetzentwurf verwendet viel Sorgfalt darauf, die Gründer wie auch den Rechtsverkehr durch Schutzmechanismen effektiv gegen Missbrauch und Identitätsbetrug zu schützen. Dabei kommt dem Notar wie auch bisher schon eine Schlüsselrolle zu. Er wird im Rahmen eines neuartigen Online-Beurkundungsverfahrens tätig, das im Wege einer audiovisuellen Echtzeitverbindung über ein von der Bundesnotarkammer zu betreibendes Videokommunikationssystem erfolgen soll.

Erste zentrale Aufgabe des Notars ist – nicht zuletzt mit Blick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – die Feststellung der Identität der Antragsteller. Im Rahmen eines zweispurigen Verfahrens liest der Notar zunächst die Daten aus dem elektronischen Identifikationsmittel aus. Das ist bei deutschen Staatsbürgern der Personalausweis mit eID-Funktion. Über ein separates Verfahren wird es zudem ermöglicht, dass der Notar das Lichtbild ausliest, um es mit dem Videobild des Antragstellers abzugleichen. Des Weiteren belehrt und berät der Notar die Gründer bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags, prüft die Geschäftsfähigkeit und Vertretungsbefugnisse sowie die Rechtmäßigkeit der gesamten Gründungsdokumente und übermittelt sie in elektronischer Form an das Handelsregister. Dieses Zusammenwirken von Notar und Registergericht nach dem Vieraugenprinzip gewährleistet das gerade im elektronischen Rechtsverkehr notwendige Maß an Verkehrs- und Vertrauensschutz.

 

aus FAZ vom 17.2.21 - Autor: Jan Lieder - Direktor des Instituts für Wirtschaftsrecht an der Universität Freiburg.