Lehm: Neue Chancen für den bewährten Baustoff

28. Januar 2020


Innenbereich des neuen Alnatura Verwaltungsgebäudes 
Foto: Roland Halbe

Ökologisches Bauen ist ein Trend-Thema. Dabei rückt ein alter Baustoff in den Fokus, der in Deutschland inzwischen kaum noch verwendet wird: Lehm. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) klärt nun die Baueigenschaften des Stoffs im Hinblick auf die Sicherheit.
Das Ziel: Lehmmauerwerk in die allgemeingültige Mauerwerksnorm aufzunehmen, damit das Material häufiger eingesetzt werden kann. Lehm hat viele Vorteile: Er kann Luftfeuchtigkeit und Wärme gut speichern und wieder abgeben, er schützt vor Lärm und Strahlung. Darüber hinaus kann der Stoff lokal beschafft und nach einem Abriss hervorragend recycelt und wieder verwendet werden.

Zwei Drittel aller Menschen leben in Lehmhäusern. Doch in Deutschland ist der Baustoff in Vergessenheit geraten, es gibt nur sehr wenige Lehmneubauten. Oft sind die Bauherren Überzeugungstäter, für die auch die Schadstofffreiheit und die Ausstrahlung des Naturmaterials eine Rolle spielen.

Auch der Bio-Lebensmittelhändler Alnatura hat beim Neubau seines Verwaltungsgebäudes in Darmstadt auf Lehm gesetzt. Entstanden ist das größte Bürogebäude aus Stampflehm in Europa und ein überzeugendes Beispiel für eine gelungene Übersetzung der Corporate Identity eines Unternehmens in Architektur. Das vom Architekturbüro haascookzemmrich Studio2050 entworfene Gebäude wurde deshalb mit dem Deutsche Nachhaltigkeitspreis 2020 im Bereich Architektur ausgezeichnet. Die Jury lobt dabei besonders die durch das Material geprägte neue Bürobau-Ästhetik: „Das Gebäude besticht durch eine außerordentliche ganzheitliche Qualität, die zukunftsweisend ist und die Möglichkeiten einer nachhaltigen Bauweise umfassend auslotet“

Seit zehn Jahren boomt in Deutschland die Bauwirtschaft, nach Prognosen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW wird sie auch in diesem und dem kommenden Jahr um real drei Prozent wachsen. Der Bauboom verbraucht viele Rohstoffe – rund 2,5 Tonnen Baumaterial pro Quadratmeter Wohnraum: Vielleicht eine Chance für mehr Bauten aus ressourcenschonendem Lehmmauerwerk, sobald eine standardisierte Verwendung möglich wird.